Gästebuch - Cäsar Fanclub  
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Samstag, 22 September 2012 11:32

Besinnung auf dem Südfriedhof 21.09.2012

Wenn man(n) ein gewisses Alter erreicht oder gar überschritten hat, kommt zu den regelmäßigen Gängen wie Einkauf, Zahnarzt und zu Ämtern ein weiterer hinzu. Der Gang zum Friedhof. Zwar nicht jeden Tag, aber sehr regelmäßig in Abhängigkeit vom Wetter und der Jahreszeit und auch, um einfach leise die Gedanken zu Vater, Mutter, Geschwistern und Freunden schweifen zu lassen. Seit geraumer Zeit kommen bei mir immer mehr schweigenden Momente an den Gräbern meiner Klassenkameraden hinzu, die stets ein Teil meines Lebens waren und bleiben werden: Frank, Jürgen, Hennry, Albrecht. Alles Männer im besten Alter …. und nun hat der Krebs auch meine damalige Klassenlehrerin im Visier. Das tut alles unheimlich weh.

An diesem Freitag bin ich wieder einmal in Leipzig, meiner Geburtstadt. Meine Großeltern wohnten in einem der alten Bürgerhäuser in der Georg-Schumann-Straße in der Nähe vom Auensee und mein Onkel Kurt ist mit mir als kleiner Junge öfter dorthin gegangen. Von einem Haus namens „Anker“ wusste ich damals noch nichts. Auch nicht später, als ich die KLAUS-RENFT-COMBO kannte, denn die Band spielte regelmäßig in Elsterwerda zum Tanz und später zum Konzert. Nach Leipzig in den „Anker“ musste ich dafür nicht fahren.

Meine Tante Inge wohnte in der Leipziger Leninstraße. Die heißt heute anders, aber sie führt noch immer in Richtung Völkerschlachtdenkmal und nah an der Russischen Kirche vorbei. Die konnte man vom Balkon aus gut sehen, wenn ich mit meiner Cousine dort oben in der dritten Etage saß und unter uns die vielen Kleingärten, die sich bis zur Russischen Kirche ausdehnten. Ich trage eine Menge sehr schöner Erinnerungen an diese Zeit mit mir herum.

Natürlich waren wir auch gemeinsam am Völkerschlachtdenkmal und sind die vielen Stufen bis ganz nach oben gekrakselt. Dann konnte man über die ganze Stadt sehen und ahnen, wie groß sie damals schon war. Man sah unter sich die große Freifläche, die manchmal auch mit Wasser gefüllt wurde. Heute, da ich davor stehe, ist auch Wasser darin und das gewaltige Monument ist gleich zwei Mal zu sehen; darüber und als Spiegelbild. Nur nach oben steige ich heute nicht und so kann ich weder das Dach der Blätter, noch den Südfriedhof darunter sehen. Die vielen Grabstellen und Wege darunter auch nicht, aber um ein kleines Stück der Wege zu laufen, habe ich mir Zeit genommen.

An diesem Freitag 2012 bin ich wieder einmal hier auf dem Südfriedhof. Gegenüber der Grabstelle auf der Wiese steht eine Bank und auf ihr ein kleines Schild – Cäsarfanclub „Weggefährten“. Da sitze ich nun, mein Blick geht über den Weg direkt zu dem Stein und zu dem Gesicht daneben, das mich von dort anlächelt – CÄSAR – und wieder einmal denke ich mir: „Hey Alter, hier gehörst du doch noch gar nicht hin!“ Scheiße, die Realität sieht anders aus und es ist jetzt fast vier Jahre her, da „er gehen musste, weil er geboren wurde“, so einer seiner letzten Sprüche auf dem Bett im Krankenhaus. Noch immer sehe ich die Bilder, wie der endlos lange Zug der trauernden Menschen sich von der Halle hinunter schlängelt bis zu jenem Platz auf einer Wiese, wo die Erde seinen weißen Sarg und dann die unzähligen Blumen der Freunde und Weggefährten verschluckte. Darunter auch die rote Rose von mir und die Blumen von Lissi, Kundi und Wodka. Es war so einer schöner und bunter Herbsttag und so ein trauriger Anlass, der uns alle im Schmerz vereinte.

Die Stunden, Tage, Wochen und Monate sind „zeitlos“ weiter geflossen, mein CÄSAR, unaufhaltsam, Sekunde für Sekunde. Es ist viel Schönes geschehen und traurige Momente gab es auch wieder. Nun habe auch ich mein kleines Büchlein, das von meiner Musik erzählen soll, und „gerundelt“ hat es bei mir auch, was dir leider verwehrt blieb. Seitdem steht ein kleines Apfelbäumchen, ein Geschenk von Simone, im Garten und in diesem Jahr waren zum zweiten Mal süße Früchte mit lachenden Wangen daran. Ein Apfelgesicht habe ich dir mitgebracht und als Symbol, gemeinsam mit einer roten Rose, neben den Stein gelegt.
Diese Welt ist voller Vergehen, aber zum Glück voller Werden auch. Mein kleines Enkelkind ist da und ich bin stolz, Opa sein zu dürfen. Noch immer bin ich hungrig nach Musik und auf der Suche, sie zu finden. Noch immer treffen wir „Weggefährten“ uns an einem Sommertag im „Entenfang“. Noch immer wird die Tradition gepflegt und noch immer haben wir fröhliche Stunden, aber auch den leisen Moment der „Besinnung“ und ein Kribbeln in den Fingern, wenn der Gruß zu dir mit flammenden Herzen in den nächtlichen Himmel aufsteigt.

Das alles wollte ich dir gern sagen, deswegen bin ich hier. Alles, was ich nicht auszusprechen wage, lasse ich dir als Gedanke oder Idee hier. Das wirst du lächelnd verstehen. Sicher können wir später noch einmal darüber gemeinsam nachdenken oder auch philosophieren, wenn die Zeit gekommen ist. Für einen Augenblick führen mich die Füße um die Hecke herum, dorthin, wo Klaus sein Pfeifchen raucht. Ihm will ich auch „Hallo!“ sagen. Wenn ich dann wieder gehe, sind die Erinnerungen etwas aufgefrischt und auch der Schmerz, den man(n) braucht, um sich manchmal gegen die Dummheit und Arroganz dieser Gegenwart stemmen zu können. Nur ein kleines Stück, wie ein Nadelstich. Doch wenn er von Millionen käme, dann könnte auch die Rose ihren Dorn endlich abwerfen!

Sylvia aus LE Freitag, 28 September 2012 19:23
Lieber Hartmut, deine Gedanken haben mich wieder sehr berührt.
Ja, der Herbst kommmt und leider jährt sich der Tag, an dem Cäsar uns verlassen hat, schon zum 4.Mal. Zeit für mich, auch wiedermal zu ihm zu gehen. Ich werd mich auf die Bank setzen, an deine schönen Worte denken,in Gedanken bei ihm sein und hoffen, den einen oder anderen von euch zu treffen, um den Moment der Trauer zu teilen. LG Sylvia aus LE
Kommentare:
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